Tessiner Merlots
Foto: Claudio Schwarz

Tessiner Merlots und mehr: Fünf ausgewählte Spitzenweine aus der Südschweiz

Merlot ist das Aushängeschild im Tessin. Vier Fünftel der Rebfläche sind mit dieser Sorte bestockt. Das Niveau der Weine ist hoch. Daneben werden noch andere rote und weisse Rebsorten kultiviert. Wir präsentieren fünf Top-Gewächse aus der Sonnenstube der Schweiz.

Tessin – das ist Merlot-Land. Gut 80 Prozet der Rebfläche von gut 1000 Hektaren sind mit dieser hochwertigen Sorte bepflanzt. Die Qualität stieg in den letzten 20, 30 Jahren massiv an. Schon an mancher Blind-Verkostung haben Weine aus dem südlichen Kanton die berühmten Crus aus dem Bordelais geschlagen. Die Stilistik der Gewächse reicht vom frisch-fruchtigen Beispiel bis zum ambitionierten Prestige-Gewächs, das im Barrique ausgebaut wird.

Doch neben dem Aushängeschild Merlot gedeihen im Tessin eine Reihe von weiteren Sorten: einheimische Trauben, internationale Varietäten, kuriose Spezialitäten. Bei den Roten fällt der einheimische Bondola auf. Daneben kommen internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und vereinzelt Pinot noir sowie Nebbiolo zu Ehren. Bei den weissen Rebsorten, die lediglich acht Prozent der Fläche ausmachen, dominieren Chardonnay und Sauvignon blanc. Das Weingut Zündel produziert gar einen Weisswein aus der Sorte Erbaluce, die ursprünglich aus dem Piemont stammt. Wir haben fünf rote Spitzenweine ausgewählt, die wir in letzter Zeit verkostet haben und dem Tessin alle Ehre machen. Ein Versuch lohnt sich in jedem Fall.

Orizzonte 2019, Weingut Zündel: Winzer Christian Zündel pflegt einen puristischen Stil, der jetzt seine Tochter Myra als neue Verantwortliche des Familienbetriebs fortführt. Selbst die Spitzenweine wie der Orizzonte kommen zur Reifung lediglich in gebrauchte Eichenfässchen. Dieser komplexe Merlot ist nicht schwer, sondern stets finessenreich mit wenig Alkohol. Ihn zeichnen eine vielschichtige Aromatik, feine Gerbstoffe, präsente Säure sowie einen langanhaltenden Abgang aus. Zündels arbeiten seit jeher biodynamisch. 48 Fr.; www.vinothek-brancaia.ch

Tracce di Sassi 2019, Weingut Stucky-Hügin: Werner Stucky gehörte zu jenen Deutschschweizer Pionieren, die den Rebbau im Tessin den Rebbau revolutionierten. Sein Weingut hat er kürzlich mit dem Betrieb von Jürg Hügin zusammengelegt. Das ändert nichts an der Qualität der hochwertigen Weine, die nie zum Mainstream gehören und sich durch viel Ausdruckskraft, Authentizität und Intensität auszeichnen. Der elegante Tracce di Sassi brilliert stets mit diesen Eigenschaften – praktisch in jedem Jahr ein Vorzeige-Merlot. 41 Fr.; www.gerstl.ch

Merlot Blu di Notte 2020, Adrien Stevens: Hier handelt es sich um einen Einzellagen-Merlot aus Castel San Pietro. Der Winzer Adrien Stevens arbeitet mit einer Korbpresse und vergärt all seine Weine spontan mit wilden Hefen. Der Ausbau erfolgt in Burgunderfässern während 14 bis 16 Monaten. Der 2020er ist ein exzellenter Wein mit gutem Potenzial: vielschichtige Nase mit Noten von Brombeeren, Kräutern, Lakritze, im Gaumen mittelkräftig, mit guter Struktur, kernig, saftig und elegant. Präsente Tannine, frische Säure. 33 Fr.; www.feinweinsein.ch

Bondola del Nonu 2020, Azienda Mondò: Die einheimische Sorte Bondola wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts erstmals erwähnt. Die Varietät gilt als eher rustikal, tanninhaltig und weist stets eine frische Säure auf. Die Azienda Mondò in Sementina keltert einen reinsortigen, vorzüglichen, typischen Wein, der in der Vereinigung Mémoire des Vins Suisses vertreten ist. Der Bondola del Nonu 2020 präsentiert sich jugendlich, mit einem ausgeprägten Duft von schwarzen Beeren und Veilchen, ist im Gaumen mittelschwer, saftig, einer präsenten Säure und mittleren Gerbstoffen ausgestattet und endet mit einer mittleren Länge – eine Spezialität, die einen Versuch wert ist  (22 Fr., www.aziendamondo.ch).

Pinot nero 2018, Tenuta Agriloro: Die in der Deutschschweiz beliebte Sorte wird im Tessin nur vereinzelt angebaut. Die Trauben für diese Spezialität wachsen in der Region Mendrisiotto. Der Pinot nero ist im Duft intensiv und vielfältig, unterstützt von dezenten Vanille-Noten. Merkmale im Gaumen: schöne Frucht, elegant, feine Tannine, gut strukturiert, ausgewogen, schöner Nachhall. Der Wein zeigt ein erstaunliches Alterungspotenzial, wie kürzlich ein 2002er gezeigt hat. Der 2018er ist im Vergleich dazu noch jugendlich (28 Fr.; www.agriloro.ch).

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