Frisch wie warme Weggli landete der neue Band 2 von «Winzer, Wein und Küche» in meinem Milchkasten. Ein hochwertig illustriertes, in Leinen gebundenes Buch, in dem der Autor Gabriel Tinguely wiederum 44 passionierte Winzer und Önologen portraitiert, die im Schatten der grossen Scheinwerfer beste Weine keltern.
«Viele von ihnen leisten Pionierarbeit im Rebbau, bei der Kelterung oder in der Kommunikation», so Gabriel, der uns aus seinem neuen Buch eine Leseprobe über Andreas Schwarz aus Freienstein bei Zürich zur Verfügung gestellt hat.
Andreas Schwarz – «Wir leben Wein»
Sein Name ist Schwarz. Andreas Schwarz. Und der ist Programm. Nicht nur, dass er bevorzugt schwarze T-Shirts oder Hemden trägt. Er spielt damit auch bei den Namen seiner Weine: schwarz-weiss, Schwärzer oder Raben-Schwarz sind drei Beispiele. Nur schwarz sehen, das macht er nicht.
Zu sehr ist er geerdet. «Ich kaufe keine Trauben und verkaufe keine Trauben. Ich mache meinen Wein aus meinen Trauben», ist ein Statement. Dann folgt eine lange Liste: seit Jahren kein Herbizid, kein Insektizid – mehr Schädlinge locken mehr Nützlinge an, die halten sich gegenseitig in Schach – kein Aufzuckern des Mostes, traubeneigene Hefen, keine Schönungsmittel. Den Dünger bringen zehn kleine Kamerun-Schafe aus. Die rehbraunen Tiere mit schwarzen Läufen sind die liebsten Mitarbeiter von Andreas und Prisca Schwarz. Sie fressen das Gras und helfen beim Auslauben. Dafür dürften sie zehn Prozent der Trauben fressen, wenn sie möchten. Doch die sauren Beeren schmecken ihnen weniger als die Blätter. Vor der Lese grasen sie dann auf einer Weide neben den Reben. Die kleine Herde will er auf 30 Tiere aufstocken. Gras, Blätter und Arbeit gibt es genug.
Eine spezielle Erfahrung hat Andreas Schwarz mit seinen Naturwuchs-Reben gemacht. Ohne Dünger, Schnitt und Ertragsregulierung erntet er dort die Trauben mit den höchsten Öchslegraden. Beim Spätfrost im 2017 erntete er in gefährdeten Lagen mit Normalschnitt nur fünf Prozent. Beim Naturwuchs hatte er einen Ertrag von 100 Prozent.
«Learning by doing» ist das Motto seiner Aufenthalte in Australien und im Bordelais. Das lebt Andreas Schwarz aber auch auf dem elterlichen Betrieb, den er gewaltig nach vorne bringt. Mit 4,5 Hektaren hat er begonnen. Heute sind es sieben. Landreserven hat er noch. Bei neuen Anlagen pflanzt er zehn Zeilen Reben und dann eine Hecke. Pinotin hat er gesetzt. «Nächstes Jahr bringen wir einen Wein auf den Markt, der alle Sorten der Pinot-Familie integriert», sagt der Unternehmer. «Pinot Schwarz ist doch cool. PIWI ist wäh! Neue Sorten mit Resistenzkreuzungen klingen alles andere als sexy.» Dennoch ist PIWI ein grosses Thema für ihn. «Darauf, den Wein schönzureden, habe ich aber keine Lust. Gewässerschutz-Initiaitive hin oder her. Die Landwirtschaft und der Rebbau müssen sich verändern.»
Andreas Schwarz hat Spass an den Reben, dem Wein, seinen Schafen, den Hühnern, an zwei Bienenvölkern und an Computern. «Compüterle ist mein grosses Hobby.» Er und seine Frau Prisca haben mit dem Filmen von Videos eine gewisse Professionalität erreicht. Auf Youtube dokumentieren sie Themen aus ihrem Alltag. Auch skurrile Ideen. So haben sich die beiden vorgestellt, wie und mit welchen Techniken im Jahr 1291 Wein gekeltert worden ist. Das Resultat war ein origineller Tropfen. Ihr neuster Streich: Wie keltert die kluge Hausfrau Wein? In der Badewanne! Mit Füssen getreten, mit Bäckerhefe vergoren, in der Salatschleuder gepresst. Schlicht und genial.
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Andreas Schwarz, *1977, lernt Winzer in Wädenswil/ZH, bei Daniel Huber in Monteggio/TI und Urs Pircher in Eglisau/ZH. Dann zieht es ihn nach Australien und ins Sauternes (Bordeaux, Frankreich). Zurück in der Schweiz absolviert er die Meisterschule. 2005 über nimmt er mit seiner Frau Prisca den elterlichen Betrieb, konzentriert sich auf den Rebbau und zusammen setzen sie zahlreiche verrückte Projekte um. www.weingutschwarz.ch
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