Bordeaux ist das grösste zusammenhängende Anbaugebiet der Welt für Qualitätsweine – und stets eine Reise wert. Bei einem kürzlichen Besuch habe ich fünf Geheimtipps ausgewählt – sie sind bekömmlich, langlebig und exzellent.
Bordeaux ist gross. Rund 110’000 Hektaren sind mit Reben bestockt. Der Grossteil der Weine wird als Bordeaux AC oder Bordeaux Supérieur AC abgefüllt. Mehr Spannung und Genuss versprechen die Grands Crus Classés und Crus bourgeois aus dem Médoc, das am linken Ufer der Gironde liegt und vorwiegend flach ist. Auf der Seite ragen die Appellationen St.-Emilion und Pomerol heraus. Dort ist die Gegend hügeliger und auch von der Bodenbeschaffenheit anders. Rotweine machen den Hauptteil der Produktion aus. Merlot dominiert meistens in den Assemblagen der Weine aus dem St.-Emilion und Pomerol, ergänzt durch Cabernet Franc. Médoc ist das Reich des Cabernet Sauvignon. Seine Partner sind Merlot, Cabernet Franc und vereinzelt Petit Verdot.
Bordeaux ist stets eine Reise wert. Neben hochtechnisierten und modernen Weinkellern lassen sich auch Güter finden, die handwerklich und traditionell arbeiten – Weinbauern im besten und traditionellen Sinne. Ein Aufenthalt im Weinanbaugebiet bietet viel Genuss, tägliche Degustationen (so man möchte) und feine Mittag- und Abendessen (so man mag). Ich bin vier Tage durch die berühmteste Weinregion Frankreichs und wohl auch der Welt gereist, habe bekannte und weniger bekannte Châteaux, so heissen die Weingüter im Bordeaux, besucht und bin herausragenden Trouvaillen begegnet. Das sind meine fünf roten Geheimtipps. Sie können jetzt zwar getrunken werden, aber auch problemlos noch einige Jahre eingekellert werden.
Domaine de Chevalier rouge 2016, Pessac-Léognan: Das ist ein grossartiger Rotwein aus einem grossen Jahr. Seine Eigenschaften sprechen für sich: tiefes Purpur, facettenreiches Bouquet mit dunklen Beeren sowie würzigen Noten von Tabak und Rauch, noch jugendlich wirkend, dicht, fast burgundisch, elegant, feine Tannine, gute Säure, komplex, grossartige Länge. Cabernet Sauvignon dominiert mit einem Anteil von 65%, ergänzt durch Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot (Fr. 75.40; www.daniel-vins.ch).
Château Saint-Pierre 2014, St.-Julien: Das als Quatrième Grand Cru classé eingestufte Gut läuft oft unter dem Radar. Eigentlich schade, wie der gelungene 2014er zeigt, der jetzt seine erste Reife erreicht hat. Der Wein präsentiert sich mit einer offenen Nase, die einen Duft von schwarzen Früchten, würzigen Noten und Lakritze verbreitet. Er ist überaus ausgewogen, nicht ein Kraftprotz, sondern von feinen, gut integrierten Gerbstoffen getragen. Das Finale ist mittellang. Die Assemblage setzt sich aus 75% Cabernet Sauvignon, 15% Merlot sowie 10% Cabernet Franc zusammen (65 Fr.; www.schubiweine.ch).
Château Mazeyres 2005, Pomerol: In dieser Appellation werden die Weine nicht klassifiziert. Château Mazeyres gehört zu den grösseren Weingütern, was freilich nicht gegen die Qualität spricht. In Restaurants trifft man öfters auch ältere Jahrgänge an – etwa aus dem exzellenten 2005. Der Wein hat jetzt seine perfekte Trinkreife erreicht. In der Nase verbinden sich Noten von Pflaumen mit Anklängen von Pilzen. Im Gaumen ist Mazeyres, der mehrheitlich aus Merlot besteht, noch frisch, mittelschwer – kein Riese, aber gut strukturiert und harmonisch. Auf dem Markt ist etwa der 2019er zu finden (Fr. 25.70; www.gerstl.ch).
Château Trianon 2011, St.-Emilion: Der Geheimtipp aus dem St.-Emilion gehört Dominique Hebrard, der einst auf dem berühmten Château Cheval-Blanc gearbeitet hatte. Der 2011er ist jetzt in einer schönen Verfassung, gut balanciert, elegant und mit viel Raffinessen ausgestattet. Wer feine, nicht zu „laute“ Weine mag, ist hier auf der richtigen Spur. Die Zusammensetzung ist etwas atypisch: 80% Merlot, 10% Cabernet Franc und je 5% Cabernet Sauvignon und Carménère. Noch zu haben ist etwa der Jahrgang 2016 (38 Fr.; www.vogel-vins.ch).
Château Faugères 2010, St.-Emilion: Es ist im Besitz des Schweizer Unternehmers Silvio Denz und als Grand Cru Classé klassifiziert. 2010 stammt aus einem herausragenden Jahr, ist jetzt in einer schönen Phase, dicht, konzentriert, aber nicht opulent und breit. Gut eingebundene Gerbstoffe und eine schöne Länge runden den frischen, Merlot-betonten Wein mit seinen fruchtig-würzigen Noten (Trüffel) ab. Er passte hervorragend zu einem Steinpilz-Gericht. Eine Alternative zu diesem Jahrgang ist der noch erhältliche 2014er (46 Fr.; www.denzweine.ch).