Drei Tipps für Weihnachten von Tomas Niederberghaus

Winter und Weihnachten. Frohsinn und Frieden. Oder doch nicht? Wie wir alle wissen, ist das Wiegenfest des heiligen Jesusknaben nicht selten auch ein neuralgisches Fest für kleine und grosse Sensibilitäten und Streitereien. Da kommen zuweilen ganz alte Sachen hoch, wer sich wie und wann und vor allem von wem schlecht behandelt fühlte. Und so weiter und so fort. Wir empfehlen: Sollte sich da so etwas wie ein kleines Unwetter zusammenbrauen, bleiben Sie lässig und entspannt und ziehen Sie sich für einen Moment oder zwei einfach mal zurück und machen Sie Ihr eigenes Ding. Lesen Sie ein Buch, schauen Sie einen guten Film über einen Streamingdienst oder hören Sie ein wunderbares klassisches Konzert mit dem Kopfhörer. Kurzum: Sitzen Sie das kleine Unwetter einfach aus. Oft verzieht es sich ganz von selbst. Und damit Sie auch wirklich gut abtauchen können, habe ich hier noch meine persönlichen Tipps zum Lesen, Schauen und Hören zusammengestellt. Ich wünsche Ihnen jedenfalls entspannte Feiertage und vor allem ein friedliches, abenteuerreiches wie gesundes und schönes, neues Jahr 2023.

Lesen

Raffaelo und der Sex

Andreas Beyer: «Künstler, Leib und Eigensinn»

Wagenbach Verlag, September 2022, 323 Seiten

Der Florentiner Manierist Jacopo Pontormo führte akribisch Buch über seine Mahlzeiten und die Verdauung. Und Michelangelo schuf nicht nur grossartige Werke, sondern zeichnete auch den Einkaufszettel für den Gang zum Markt. Sex war übrigens nicht so sein Ding. Dagegen aber war Raffaelo ein äusserst sexueller Mensch. Der Kunsthistoriker Andreas Beyer beschäftigt sich auf seiner Spurensuche nach der Körperlichkeit in der Kunst auch mit dem Einfluss des Körpers verschiedener Künstler auf ihre Werke. Selbst vermeintlich unwichtige Dinge bekommen eine Bedeutung. Donatello beispielsweise trug stets ein pinkes Kapuzenmäntelchen. Ja, vielleicht zeigt dieses Buch so etwas wie das, was heute eine Influencerin oder einen Influencer ausmacht. Aufgespritzte Lippen hatte jedoch keiner. Ein Buch, dass auf unterhaltsame und zuweilen humorvolle Weise klüger macht. Da haben Sie bei der Silvesterparty wunderbare Anekdoten zu erzählen.

Sehen

Jantje Friese und Baran bo Odar: «1899»

Netflix, 8 Folgen à 50 Minuten

Für ihre Serie «Dark» wurden Jantje Friese und Baran bo Odar bereits mehrfach ausgezeichnet. Mit «1899» präsentieren sie nun einen Mysterythriller, der beim Zuschauer gleich einen Suchtfaktor auslöst. Mit anderen Worten: Wenn Sie mit dieser Serie beginnen, werden Sie alles andere vergessen. Aber worum geht es? 1899 kündigt das Jahr an, an dem sich das Auswandererschiff Kerberos mit zahlreichen europäischen Passagieren und Migranten auf den Weg von London nach New York macht. Irgendwann entdecken sie auf hoher See ein seit Monaten vermisstes Schiff – und von da an wird die vermeintliche Fahrt ins Paradies zu einem schrecklichen Alptraum. Emily Beecham, Aneurin Barnard und der aus der Serie «Elite» bekannte Miguel Bernardeau sind nur drei der vielen grossartigen Schauspieler.

Hören

Franz Schubert: Trio in Es-Dur für Klavier,

Violine und Violoncello Nr. 2, D 929 (op. 100)

Es war eine seiner letzten grossen Kompositionen. Und nicht selten wurde dieses zauberhafte Werk von Franz Schubert auch als Filmmusik verwendet. Vor allem der zweite der insgesamt vier Sätze. In «Barry Lyndon« von Stanley Kubrick ist er ebenso zu hören wie in «Die Klavierspielerin» von Michael Haneke nach dem Roman von Elfriede Jelinek. Hören Sie rein und schämen sich nicht, wenn Ihnen vor Freude die Tränen kommen. Und wer noch mehr Lust auf Schubert hat, der schaut sich den Film «Mit meinen heissen Tränen (1) – Der Wanderer – Sommer 1823» an. Es geht um die letzten Tage im Leben des Wiener Komponisten, der im jungen Alter von 31 Jahren starb. Grandios besetzt mit Udo Samel in der Hauptrolle.

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