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Longevity – Ein Interview mit Dr. Rob Konrad Maciejewski, Mitgründer und CEO Biolytica

Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2021-2030 zum Jahrzehnt des gesunden Alterns erklärt. Longevity ist dabei das Wort der Stunde. Mithilfe der fortschreitenden medizinischen Möglichkeiten möchten sich die Menschen nicht nur verjüngen, sondern auch gesund alt werden. Das Schweizer Unternehmen Biolytica, dessen Expertenteam aus Wissenschaftler*innen, Daten- und Bioinformatikspezialist*innen und Langlebigkeitsmediziner*innen besteht, entwickelt mithilfe der Analyse von verschiedenen personenbezogenen Daten individuelle Strategien für ein langes gesundes Leben und stellt mit seiner Datenplattform NEXUS ein Werkzeug für personalisierte Präventionsmassnahmen zur Verfügung. Grundlegende Fragen dazu hat Dr. Rob Konrad Maciejewski, Mitgründer und CEO Biolytica, im Interview beantwortet.

Longevity ist in aller (Investoren-)Munde. Warum?

Das Thema an sich ist schon enorm spannend. Wer möchte nicht länger gesünder leben? Der Markt potenzieller Kunden ist sehr gross, was zur Folge hat, dass immenses Wachstumspotenzial für Firmen in dieser Industrie besteht. Das ist wiederum für Investoren interessant. Langsam setzt sich zudem das Verständnis durch, welch umfassenden Einfluss die Longevity-Industrie auf eine Vielzahl anderer Industrien haben wird. Longevity, also vor allem die Verlängerung der gesunden Lebensspanne (und nicht das blosse Verlängern der Lebensdauer), wird andere Bereiche wie Altersvorsorge, Versicherungen, Banking, Investments, Freizeit & Reisen und noch viele andere nicht nur tangieren, sondern teilweise sogar revolutionieren.

Portrait von Dr. Rob Konrad Maciejewski
Dr. Rob Konrad Maciejewski, CEO Biolytica

Sie sind CEO von Biolytica. Was bieten Sie an?

Wir leben aktuell in einer Sick-Care-Gesellschaft – also nicht in einem Gesundheitssystem, sondern in einem Krankheitssystem, das abwartet, bis Menschen erkranken, um dann den Rest des Lebens Symptombekämpfung zu betreiben, hauptsächlich auf pharmakologischer Ebene. Wir sollten uns vielmehr auf das Thema Prävention, die Vermeidung von Erkrankungen, fokussieren, und die Menschen möglichst lange gesund halten. Hierzu benötigen wir allerdings persönliche Daten, um zu wissen, wie jeder Einzelne sein Leben optimieren kann.

Wir sind in zwei Bereichen tätig. Unser Hauptgeschäft ist unsere Gesundheitsdatenplattform Biolytica NEXUS, die es erstmals ermöglicht, Daten aus Genetik, Pharmakogenetik, Biomarker, Wearable Devices, Ernährung usw. an einem Ort zusammenzuführen und damit ein völlig anderes Verständnis vom Körper zu bekommen. So können auch die richtigen individuellen Präventivmassnahmen gefunden werden. Die Plattform bieten wir als Werkzeug für Kliniken, medizinische Fachpersonen und Coaches an. Wir haben allerdings schon viele Nachfragen aus anderen Industrien wie Versicherungen, Home Care und Pharma/Diagnostics. Des Weiteren bieten wir personalisierte Longevity- bzw. Gesundheitsoptimierungsprogramme an, die Biolytica AIME Programme, bei denen wir mit unserem klinischen Team, bestehend aus Ärzten, Gesundheit- und Ernährungscoaches, Genetikexperten, Bioinformatikern, Chronobiologie- und Schlafforschern und vielen anderen, Kunden hochpersonalisiert und auf Basis der Daten unserer Plattform auf ihrem Weg zu besserer Gesundheit – und hoffentlich auch längerem Leben – betreuen. Dabei geht es uns um das Zusammenspiel von individueller Genetik, Biomarkern und dem Verständnis von Verhaltensmustern unserer Kunden.

Was ist Ihr USP?

Unser grösster USP ist die Biolytica NEXUS Plattform, die es uns erlaubt, nicht nur verallgemeinerte Empfehlungen abzugeben, sondern hochpersonalisiert auf die Gesundheitsbedürfnisse unserer Kunden einzugehen.

Ihre Analyse basiert auf Daten. Wie generieren Sie diese Daten?

In der Regel kommen die Daten über zwei Kanäle zu uns: Die Kunden liefern ihre Daten selbst an, indem sie ihre Wearable Devices wie Apple Watches, Garmins, Fitbits, CGM usw. für die Analyse mit unserer Plattform verbinden. Wir arbeiten aber auch mit Gesundheitsdienstleistern wie Krankenhäusern und Health Coaches zusammen, die über die Patientendaten verfügen. Hier geschieht die Integration der Daten vollautomatisch via Integration der jeweiligen EMRs und Schnittstellen zu den Labors.

Mit welchen Daten gleichen Sie die individualisierten Daten Ihrer Kunden ab?

Der wichtigste Vergleich ist mit den historischen Daten der Kunden selbst. Nur so hat man die Möglichkeit, Veränderungen zu sehen und zu verstehen. Der Vorteil unserer NEXUS Plattform ist, dass jede Massnahme, die wir treffen, diesen Verlauf sicht- und messbar macht.

Was geschieht mit den Daten Ihrer Kunden – sind die vertraulich oder betreiben Sie auch anonymisierten Datenhandel?

Unser System ist technisch so aufgebaut, dass es uns überhaupt nicht möglich wäre, an PHI (Personal Health Information) der Personen auf unserer Plattform heranzukommen, wenn der Kunde oder Patient bzw. der betreuende Mediziner dies nicht möchte.

Um Algorithmen für bessere Voraussagen zum Gesundheitszustand und automatisierte Empfehlungen zu entwickeln, nutzen wir vollständig anonymisierte Daten, die keinerlei Rückschlüsse auf die Einzelpersonen zulassen.

Biolytica ist Teil des Maximon-Netzwerks. Wie profitieren Sie davon?

Als Gründer mehrerer Unternehmen schätze ich es ungemein, Teil eines Venture Builders zu sein. Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass man als Gründer mit zwei Themen einen Grossteil seiner Zeit aufwenden kann: der Sicherstellung der Finanzierung und dem Netzwerken innerhalb und ausserhalb der Branche. Beides wird mit Maximon ernorm erleichtert – die ersten zehn Millionen Finanzierung sind über den LCIF (Longevity Co-Investment Fund) von Maximon sichergestellt. Die Gründer und Partner von Maximon, die allesamt erfahrene Unternehmer mit vielen erfolgreichen Exits und Einhorn-Startups sind, stellen ihr Netzwerk, ihre Zeit und ihr Wissen aktiv zur Verfügung. So können wir uns als Gründer vollumfänglich auf das eigentliche Geschäft konzentrieren.

Wie rezessionsresistent ist die Longevity Branche?

Auf absehbare Zeit enorm! Mit grösserer Lebens- und Gesundheitserwartung der Menschen entstehen unfassbar viele Möglichkeiten in anderen Bereichen. Man denke nur an die Themen Versicherungen, Altersvorsorge, Investments, Freizeit, Lebensgestaltung usw. Hier entstehen völlig neue Businessmodelle – und zwar auf lange Sicht.

Kann Longevity eine neue Schlüsselbranche für die Schweiz werden?

Absolut. Die Schweiz ist ein starker Forschungs- und Entwicklungsstandort im Pharma- und Diagnostikbereich und hat ein hervorragendes, modernes Gesundheitssystem. Daher bestehen ideale Voraussetzungen für die Schweiz als Longevity-Standort. Wir setzen uns aktiv in der Politik dafür ein, dieses Thema auch in die offizielle Agenda aufzunehmen. Hier besteht eine einmalige Chance für den Standort Schweiz, die wir nicht verpassen sollten.

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