Seit 1946 gibt es nun schon die Filmfestspiele in Cannes. Seither wurden sie 75 mal ausgetragen. Man muss nicht fragen, weshalb sie 2020 abgesagt wurden, nein, ich schreibe das Pfui-Wort nicht. Gefeiert wird deshalb dieses Jahr grad doppelt, weil es ein Jubiläum ist und weil uns Pfui-Wort-Krankheit keine Filmfestspiele mehr versaut. Eigentlich sollten die ersten Filmfestspiele am 1. September 1939 stattfinden, damit wollte man der faschistisch gefärbten Festival-Stadt Venedig ans Bein pinkeln. Da Hitler jedoch beschlossen hatte, just an diesem Tag Polen zu überfallen und den zweiten Weltkrieg anzuzetteln, verschob man das Festival um ein paar Jahre.
Weniger sensibel mit dem Timing sind die Produzenten der top gesetzten Fortsetzung von «Top Gun» mit Tom Cruise aus dem Jahr 1986. Das Sequel heisst «Top Gun: Maverick» und ist eine riesengrosse Flugshow, in der Cruise wiedermal kopfüber rumhängt – diesmal im Cockpit eines Kampfjets – fiktive Feinde abknallt und den Helden mimt. Als Cruise vor 36 Jahren in «Top Gun» für die U.S. Navy flog, war der Gegner mit seinen MiG-Jets noch klar als sowjetische Kampfeinheit erkennbar. Inzwischen fliegen im Ukrainekrieg auf beiden Seiten MiGs. Das schreit nach weltweitem Fettnäpfchen.
Die vergangenen 36 Jahre merkt man Tom Cruise jedoch kaum an, er erinnert mit seinen 59 Jahren sogar ein wenig an einen Teenager, wenn man ihn beim Motorradfahren ohne Helm sieht. Sowieso: Alter schützt vor Fortsetzung nicht. Das haben wir bereits bei Rocky beobachtet. Wahrscheinlich sind «Top Gun: Legacy» und «Top Gun: Legend» bereits im Kasten.
Gestern wurde Tom Cruise die Goldene Palme für sein Lebenswerk überreicht. 40 Filme hat er bereits gedreht. Mir war sein Lebenswerk als Schauspieler gar nicht so bewusst. Ich habe Tom Cruise nur einmal als hervorragenden Schauspieler wahrgenommen und zwar im Film «Magnolia». Einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Ich warte schon lange auf «Magnolia: Legacy», gerne auch mit Tom Cruise.
Zum Schluss noch das: Als die Filmfestspiele in Cannes 1946 endlich stattfanden, räumte der Schweizer Film «Die letzte Chance», ein Früchtlingsdrama von Leopold Lindtberg, einen Grand Prix ab. Das waren noch Zeiten! Heutzutage müssen wir ein Filmgesetz erlassen, damit Schweizer Filme überhaupt gezeigt werden.
Das Wochenende ist da – trallalla – und mit ihm der Hochsommer! Lasst uns wie Maverick kopfüber ins Sommerfeeling düsen.