Der Gourmino ist in erster Linie der Speisewagen der Rhätischen Bahn auf der Albulastrecke ins Engadin. In der winzigen Küche werden wahre Wunder vollbracht und bis zu 34 Gäste mit frisch zubereiteten Menüs verwöhnt. Der Gourmino ist aber noch viel mehr. Er ist der Inbegriff eines Bijoux und lässt nicht nur Bähnler-Herzen höherschlagen, sondern erfreut alle Liebhaber des gehobenen Lifestyles.
Schon von aussen macht der Speise-Wagen Gourmino einiges her. So hebt er sich mit seinem glänzenden Königsblau deutlich ab von dem Rot der Rhätischen Bahn und macht mit seiner nostalgischen Aufmachung sogleich auf sich aufmerksam. Eine dicke, goldene Linie ziert das dunkle Blau, und darunter prangt in goldenen Lettern der Schriftzug «GOURMINO», neben der Türe das majestätische Wappen – ebenfalls in Gold – mit den zwei geflügelten Steinböcken und dem Schriftzug «FESTINA LENTE», was so viel heisst wie «Eile mit Weile». Es handelt sich dabei um das Logo des Vereins «Pro Salonwagen RhB», der sich 1999 um die umfassende und stilechte Restaurierung der historischen Pullman-Salonwagen aus den 30-er Jahren, sowie der Speisewagen, wie der Gourmino einer ist, bemühte.
Was man von aussen erahnt, bestätigt sich im Innern. Als erstes kommt einem der Orient-Express in den Sinn. So ähnlich muss er früher ausgesehen haben zu Zeiten von Agatha Christie, vielleicht ein Tick grösser und mondäner. Aber in dieser Kategorie spielt der Gourmino definitiv mit. Der Innenraum ist mit glänzend lackiertem Täfer ausstaffiert und die Sitzmöbel sind mit Stoffen bezogen, deren Art Deco-Muster den Originalen nachempfunden sind. Geschwungene Messing-Armaturen, Gläserhalter und Tisch-Lampen aus der Zeit und klassisch gedeckte Tische mit schweren Tischtüchern runden das elegante Ambiente ab.
Wir haben eine kulinarische Genussreise von Chur nach Arosa und retour gebucht. Zum Apéro treffen wir am Bahnhof in Chur ein, wo uns sogleich eine erfrischende Früchtebowle und ein paar Häppchen serviert werden. Hier treffen wir uns mit Tim Uebersax, Geschäftsführer der Panoramic Gourmet AG und Verantwortlicher für die Gastronomie der Rhätischen Bahn und dem Glacier-Express, der unser Gastgeber für diesen Abend sein wird. Er kennt seine Mitarbeitenden persönlich, pflegt einen freundschaftlichen Umgang und hat jedes Detail im Auge.
Bald schon geht die Reise los. Die Bahn klettert in etlichen Kurven 1’000 Meter nach Arosa hinauf und führt uns durch die wilde Natur des Schanfigg. Das Schaukeln scheint die livrierten Kellner und Kellnerinnen nicht zu beeindrucken, wir müssen hingegen dem Verspeisen des Rucola-Salates mit Burrata an Balsamico-Honig-Vinaigrette ein wenig mehr Aufmerksamkeit schenken, um die Sache fleckenfrei zu überstehen. Tim Uebersax schwärmt indes von den Genuss-Fahrten im Winter, wenn es draussen ganz dunkel ist, die Landschaft tief verschneit und die erleuchteten Fenster des Zuges Rehe und Hirsche an den verschneiten Hängen überraschen, um sie dann wieder der Dunkelheit zu übergeben.
Die Gourmino Genussfahrten widmen sich verschiedenen Themen. Es gibt Kunstfahrten oder den Welterbe Genussexpress. Und unterschiedlichste Fahrten zu kulinarischen Themen wie die Trüffel-Gourmetfahrt oder die Gourmet-Fahrt mit einem Champagner Pairing von Laurent-Perrier. Für die Genussfahrt «Wild aus Bündner Jagd», eine Rundfahrt durch das Prättigau und ins Engadin, geht Tim Uebersax auch schon mal mit dem Jäger auf die Pirsch.
Bald fährt der Zug über das imposante Langwieserviadukt, während uns der Hauptgang serviert wird: Saltimbocca an Veltliner-Rotweinsauce mit Safran-Risotto und Zucchini. Alles wird mit regionalen Zutaten frisch gekocht und dies auf engstem Raum. Wir sind beeindruckt von dieser Performance; das Essen mundet vorzüglich, genauso wie der Pinot Noir aus der Bündner Herrschaft. Nach dem Hauptgang kommen wir in Arosa an, wo wir mit einem „Röteli-Service“ auf dem Perron in die Pause geleitet werden und man sich ein wenig die Beine vertreten kann, bis es wieder heisst: einsteigen zu Dessert und Kaffee! Auf der Rückfahrt geniessen wir eine erfrischenden Mango-Passionsfrucht-Schnitte mit frischen Früchten. Die Sonne ist unterdessen untergegangen, die blaue Stunde bricht an. Wir sind total entschleunigt, und das Schaukeln ruft in uns Erinnerungen an früheste Kindheit wach. Jetzt bloss nicht einschlafen! Ein Espresso weckt die Geister. Dazu ein Schnaps und sei es nur, um die Showeinlage beim Einschenken von Kellner Maric nicht zu verpassen. Er hat sich den Applaus der Gäste verdient, genauso wie das ganze Team des Gourmino, das uns ein aussergewöhnliches Genuss-Erlebnis geboten hat, von dem wir zu Hause erzählen können.