Er beleuchtet weltberühmte Monumente und Naturschauplätze, war schon im Auftrag der NASA und UNO unterwegs, hält mit seinen Filmen den Klimawandel fest, inszeniert mit «Live on Ice» märchenhafte Weihnachtseisbahnen, und strotzt nur so vor Energie und Visionen! Darf ich vorstellen: Gerry Hofstetter, seines Zeichens «Lichtkünstler» – und durch einen schönen Zufall auch mein Bruder.
Seinen eigenen Bruder zu interviewen ist, wie wenn man an einem Ölbild, das seit Jahren zu Hause hängt, immer mal wieder vorbeigeht und dann mal bewusst davor stehen bleibt. Dabei stellt man überraschenderweise fest, dass das Bild mit all seinen Details noch viel aussagekräftiger und spannender ist, als man es sich in all den Jahren bewusst war.
Denn ich sehe meinen «Brother from the same mother but from another father» sehr selten. Wenn er jeweils von seinen abenteuerlichen Beleuchtungs-Expeditionen zurückkehrt und unmittelbar von seinen nächsten Visionen laut träumt, dann sinkt man als Zuhörer direkt in seine Welt ein und hört dem begnadeten Storyteller begeistert zu.
Bevor ich ihn über seine leidenschaftliche Tätigkeit als Lichtkünstler und seine damit verbundenen Reisen und Träumen ausfragte, stellte ich ihm eine Frage, die ich ihm lustigerweise noch nie gestellt habe.
Gerry Hofstetter, wer bist Du eigentlich?
Ich bin einfach ein Typ, der die Berge und die Natur liebt und der versucht, seiner Leidenschaft zu folgen, um schöne Dinge zu realisieren, die Freude bereiten. Wenn diese dann auch anderen Menschen gefallen, umso besser.
Was für «Dinge» sind das?
Da gibt es sehr viele und sehr verschiedene. Sei es das Matterhorn, Eisberge, Monumente, Flugzeugträger, Raketen oder auch kleine Gebäude mit Botschaften zu beleuchten. Oder Flug- und Fahrzeuge mit einem coolen Design zu gestalten, Comics wie z.B. Globi zu kreieren, Events, die das Herz berühren, umzusetzen, märchenhafte Weihnachtseisbahnen zu bauen, spannende Dokumentarfilme zu produzieren und Bücher zu schreiben.
Während dem Covid-19 Lockdown hast Du das Matterhorn mit verschiedenen Flaggen der Länder, die von der Pandemie schwer betroffen waren, beleuchtet.
Zermatt war der Initiator der Solidaritätsaktion «hope», welche ein grosser Erfolg war. Ich wohnte fünf Wochen in einem Camp unter dem Matterhorn und beleuchtete jeden Abend den Berg mit einer anderen Botschaft, welche zum Teil über 1,6 km gross waren. Die Bilder gingen viral und erreichten in den Medien und Social Medien 4 Milliarden Menschen und dabei wurde kein einziger Franken in die Kommunikation investiert.
Man würde nicht denken, dass Du ursprünglich Banker warst. Wie wird man vom Banker zum Künstler?
Es ist ein bisschen komplex, dies zu erklären, aber wenn man meinen Werdegang betrachtet, sieht man, dass all seine Komponenten zu dem führen, was ich heute weltweit mache. Meine Tätigkeit als Banker war dabei bloss eine Zwischenstation. Die Bezeichnung Künstler erteilt einem das Publikum und die Medien aufgrund der Arbeiten und Aktivitäten, die sie wahrnehmen, um Dich einordnen zu können. Sich selber zum Künstler zu ernennen, würde ich als extrem seltsam werten.
Kannst Du uns mehr über diese Komponenten verraten?
Da wäre mal die Liebe zur Natur, die ich entdeckte, als ich die meiste Zeit in meiner Jugend auf dem Bauernhof verbrachte. Da malte ich für Pferdebesitzer Porträts ihrer Pferde auf Öl und habe so mein erstes Geld verdient, um mein Motocross und Bergsteigen zu finanzieren. Pro Bild erhielt ich CHF 5’000.-. Ich war damals erst 16 Jahre alt und malte in zwei Jahren über 20 Bilder. Gleichzeitig lernte ich Disziplin durch den Leistungssport als Junioren Schweizer Meister im Kunstturnen. Nach der abgeschlossenen KV-Lehre ging es ins Militär zu den Gebirgsgrenadieren. Ich wurde Hauptmann und konnte in der militärischen Fünfkampf National-Mannschaft meine Passion für den Sport ausleben. Als Spezialist für Combat Search and Rescue C-SAR bildete ich zudem ausländische Special Forces darin aus, wie man abgeschossene Piloten aus feindlichem Hochgebirge rausholt. Ich trainierte US Navy Seals, US Marines, Deutsche Fallschirmjäger und diverse andere Eliteeinheiten. Die meisten Trainings fanden im Ausland statt. Währenddessen absolvierte ich noch den Betriebsökonom, den Marketingplaner und die Swiss Banking School, arbeitete als Chief Investment Banker auf einer Bank und bildete mich zum Helikopterpiloten aus.
Das sind sehr viele Facetten! Haben sich diese mit der Zeit ergeben oder war dies alles geplant?
Als ich 18 Jahre alt war, habe ich mir eine Liste mit zwölf Punkten erstellt, was ich alles tun und erreicht haben möchte bis ich 32 Jahre alt bin. Mit 31 Jahren waren alle 12 Punkte im Kasten.
Was war Dein Schlüsselerlebnis, das Dich schlussendlich zu dem gemacht hat, was und wer Du heute bist?
Als ich in meinen Jugendjahren die Pferdeporträtbilder malte, realisierte ich, wenn Du etwas gestaltest oder machst, was Dir gefällt und aus Deiner Leidenschaft und Begabung/Begabungen entsteht und es dabei anderen auch gefällt, dann mache genau so weiter und passe Dich nie an mit dem, was Du machst, auch wenn es ein paar anderen nicht gefällt. Dein Tun und Deine Kreativität muss Dir entsprechen und darf nicht gefällig auf Inputs anderer angepasst werden. Egal was Menschen um Dich herum sagen, verändere Dich nie! Zieh Dein Ding durch, denn wenn es von Deinem Herzen kommt, dann musst Du diesem Ruf folgen. Wenn Du dabei Freunde hast, die Dich dabei unterstützen, und Du aber dabei auch sie unterstützen kannst, dann lebst Du und schaffst es, dass vielleicht auch andere den Mut finden, ihrer Leidenschaft zu folgen. Daraus habe ich mir einen Leitsatz kreiert: Wenn eine Idee/Vision von Deinem Kopf in Dein Herz geht, dann wird es Leidenschaft und realisiere es. Es ist genau diese unlimitierte Kraft, die Dir mit Leiden Authentisches erschaffen lässt, was in Dir brennt.
So hast Du all Deine Leidenschaft zusammengefügt und eine Agentur gegründet.
Ja, alles ist vereint in meinen Tätigkeiten. Mit all meinem Wissen aus Natur, Militär, Zahlenpräzision, verbunden mit Disziplin und Passion für Kreativität, entstand die Kommunikationsagentur Hofstetter Marketing. Von Events bis zu Beleuchtungen bieten wir Träume an und setzen diese nach Wunsch um. Einfacher formuliert: Wir bringen einem Kunden die gewünschte Aufmerksamkeit, sei es über Lichtkunstprojektionen, unglaubliche Events, Designs oder Filmproduktionen. Die Aktionen sind glaubwürdig und medienwirksam und der Kunde spart dabei viel Geld in der Kommunikation. Dies alles wurde auch möglich, weil unsere Schwester Paola seit bald 20 Jahren mein Office managed. Die USA Geschäfte laufen über die Tochtergesellschaft „Hofstetter Inc.“ in Beverly Hills – Los Angeles, welche meine älteste Tochter Celine gegründet hat.
Aber die Expeditionen zu den Eisbergen, in die Wüste und in die Berge sind für mich die wahren Herzensgeschichten. Diese Reisen halten wir mit meiner Filmproduktionsfirma und mit Fotografien fest. Denn über den Klimawandel, den Schwund der Eisberge und Gletscher sowie die Ausweitung der Wüste muss unbedingt berichtet werden. Arktis und Antarktis sind mit den Regenwäldern zusammen die Lunge und das Herz der Erde. Wenn diese nicht mehr existieren, dann sind wir verloren. Und genau dies will ich auf eine kunstvolle Art zeigen.
Zu Deinen zehn Lieblingsplätzen gehört bestimmt somit auch die Arktis dazu?
Ja, aber ich würde meine zehn Lieblingsorte gerne in der Zeitachse der Entdeckung aufzählen, von meinen Jugendjahren bis heute.
An der Sonne: Egal wo, Hauptsache Sonne (lacht).
Diavolezza, Pontresina: Wenn man oben ankommt, sieht man den Gletscher unter sich und das gigantische Bergpanorama vor sich. Ohne Bauten, ohne Kabel und Skilifte, einfach nichts. Für mich ein unglaublicher Ort.
Weissenstein, Solothurn: Im Herbst mit der Sesselbahn hochfahren und über dem Nebelmeer die Schweizer Alpen bestaunen und dabei ein feines Frühstück geniessen.
Venedig, Italien: Mystisch, romantisch ist die Lagunenstadt im November. Keine Touristen, alleine auf der Gondel im Nebel durch die Kanäle fahren. Fantastisch.
Grönland, Arktis: Nachts bei Vollmond auf einem Schiff zwischen den Eisbergen zu gleiten (und ab und zu einen Eisberg beleuchten).
Bretton Woods, New Hampshire, USA: Während dem Indian Summer. Schlichtweg atemberaubend.
Almeria, Spanien: Auf der Rennstrecke auf meiner Ducati, einem italienischen Motorrad.
Küsnachter Tobel, Zürich: Wenn die Sonne flach in das Tobel scheint, erinnert es mich an Neuseeland im Herbst.
Zumikon, Zürich: Zu Hause in meiner Lounge mit Blick in die Berge.
Auf dem Tangotanzparkett, egal wo: Hauptsache mit meiner Lebenspartnerin Barbara.
Oh! Einen habe ich noch! Mein aus Fiberglas selbstgebautes mobiles Sprungbrett im Eismeer auf einen Eisberg montieren, ganz vorne bei der Brettkante hin stehen und vor dem Sprung kurz runter und dann in die Ferne schauen. All diese treibenden riesigen Eisberge bis zum Horizont, das Funkeln des Wassers durch das Sonnenlicht, stahlblauer Himmel, und weit und breit nichts zu sehen was von Menschenhand geschaffen ist. Dieser Ort und dieser Moment ist magisch und unbeschreiblich. Näher kann man der Unendlichkeit auf der Erde nicht sein.
Jetzt warst du in über 87 Ländern und Deine meisten Lieblingsorte befinden sich in der Schweiz.
Es soll aufzeigen, dass wir alles vor der Türe haben. Die Schweiz ist ein Paradies. Wir leben in einem fantastischen Land mit fantastischen Menschen.
Nach dem Interview wurde mir bewusst, dass ich definitiv mehr Zeit mit meinem Bruder verbringen muss. Denn er hat noch viel mehr verrückte Geschichten zu erzählen. Wer weiss, vielleicht gibt’s bald einen Podcast mit dem Titel «Gerrylosophie».