Wie gerne hätte ich Christian Jott Jenny für dieses Interview persönlich getroffen. Aber dieses C-Virus (dessen Namen ich nicht mehr zu schreiben vermag) sowie der Wohnsitz unseres heutigen Trusted Man im weltberühmten Ferienort «St. Moritz -Top of the World» liessen es leider nicht zu. Doch, entre nous: Mir kam diese Pandemie-Barriere gerade recht. Denn ganz ehrlich, ich wäre ziemlich nervös gewesen, gegenüber diesem flinken, enorm redegewandten und spontanen Tausendsassa zu sitzen. Schon die Begrüssung wäre ein endloser Akt mit ‹wie spreche ich ihn denn bei der ersten Begegnung nun korrekt an› gewesen:
- «Allegra Herr Gemeindepräsident»? – Ach, das wirkt zu formell-politisch.
- «Grüss Gott Herr Leo Wundergut»? –Geht auch nicht, habe erfahren, dass sein artistisches Alter Ego zurzeit auf seiner Hacienda weilt.
- “Hi Mister Festival da Jazz”? – Da wäre ich leider mit meinem reduzierten Jazz-ABC nur bis C wie Chet Baker oder Chaka Khan gekommen und keine Note weiter.
- «Grüezi Herr Alt-Amtsvorsteher»? – Das hätte durchaus ein erster Tritt in die richtige Gasse sein können. (A. d. R.: an der Zürcher «Trittligass» fand 2020 die Premiere seines «sommerlichen Grippenspiels» statt).
Christian Jott Jenny hat nicht nur viele Lieblingsplätze, die er hier exklusiv preisgibt, sondern auch viele Gesichter und Rollen, ist Tenor, Gründer vom Festival da Jazz St. Moritz, ehemaliger Amtsvorsteher vom Amt für Ideen, Kulturproduzent und seit 2019 Gemeindepräsident von St. Moritz. Und um nicht gleich all diese Persönlichkeiten anzusprechen, sagte ich stattdessen am Telefon einfach: «Sali Christian. Danke, dass Du Dir bei all Deinen vielen Terminen als amtierender Gemeindepräsident von St. Moritz die Zeit nimmst, uns einen privaten Einblick in Deine ganz persönlichen Lieblingsorte zu gewähren.»
Und natürlich lief das Gespräch auch nicht steif und formell ab, sondern, zu meiner Überraschung, höchst unkompliziert, nahbar und sympathisch.
Kommen Sie mit auf eine kleine wunderliche Reise durch die Schweiz und bis nach China und erfahren Sie, welches Restaurant ein gelangweilter Mann in St. Moritz besuchen sollte, und in welchem See man auch weisse Wale jagen kann.
Trittligasse, Zürich. Schon zweimal durften wir diese Ruheinsel in der Altstadt mit spätsommerlichem Musiktheater stören – genau wie meine Vorbilder es taten vor 60 Jahren an gleicher Stelle. Einfach ein besonderer Flecken Erde.
Sternengrill am Bellevue. Am Bellevue beim „Vorderen Sternen“ eine Bratwurst essen, in die Sonne blinzeln und den Menschen zuschauen: Das ist ein erfüllendes Samstagsprogramm in Zürich.
Lindenhof Zürich. Der Touristenklassiker „that never gets old“. Der prächtige Blick ans rechte Limmatufer, das Quai, das Grossmünster. Hier ist Zürich eine Postkarte.
Piazza Gunter Sachs (Dracula Club), St. Moritz. In Pandemie-freien Zeiten das wahre Herz des Festival da Jazz. Der von aussen knorrige Bau entfaltet beim Betreten seine ganz eigene Magie. Eng, intim, surrend vor Energie: Ein perfekter Ort für besondere Konzertmomente.
Muottas Muragl (Aussicht auf die Seen des Oberengadins, Schlittelpiste meiner Kinder und Kindheit, Open-Air-Bühne). Quasi der Lindenhof des Oberengadins! Ein traumhafter Blick über die drei Seen und das an alten und neuen Mythen reiche Tal. Die Schlitterbahn hat es in sich, doch der Spital Samedan ist unweit gelegen.
Kirche San Pietro, Stampa. Eine verwunschene, wunderschöne Kirche auf dem Hügel in Stampa. Mit tollen Gemälden von Giacometti. Ideal zum Heiraten. Ich hab das dort auch schon mal getan…
Fischmarkt Wuhan. Da war ich noch nie, aber dort soll immer was Spannendes los sein….
Dolder (Kunsteisbahn, Kunstausstellung, Minigolf, Ausflugsziel in Zürich). Der Begriff „Naherholungsgebiet“ saugt eigentlich jeden Charme aus einer Sache. Trotzdem kann man das Dolder etwa so zusammenfassen. Schlittschuhlaufen, Minigolf, Maxi-Golf und das alte Wellenbad ergänzen den luxuriösen Hotelbetrieb, welcher u.a. mit einer erstaunlichen Bildersammlung zu beeindrucken vermag.
Ristorante Peppino`s bei der Olympia-Schanze, St. Moritz. Wenn man als Mann gar nicht mehr weiss, was man tun soll, so geht man Ton- oder Wurftaubenschiessen! Da fühlt man sich wie bei James Bond! Leider muss die Schiessanlage in Bälde für ein Freestyle-Zentrum weichen….
Zürisee. Vor einigen Jahren fuhr ich per Schiff nach New York und musste feststellen, das hat auch was. Meistens aber reicht es mir, gemütlich den Glarner Alpen entgegen zu tuckern. Man kann auch hier seinen weissen Wal jagen.
Amt für Ideen, ZH, Amtsgarten. Glück im Unglück: Aufgrund einer Kündigung „landete“ das Amt für Ideen neu an der Münstergasse, mitten in der Altstadt. Der Innenhofgarten ist das wahre Bijou, inkl. Kirschblüten und Grillmöglichkeiten. ((Ist allerdings nicht auffindbar für Leute))
Hotel Paradiesli, Betlis (am Walensee). Ein Geheimtipp: Wenn man wirklich mal abschalten möchte, möge man in den Wiler Betlis am Walensee gehen. Das ist das Gegenstück von St. Moritz. Mit mediterranem Klima.